Elisabeth von Samsonow: Androgynie
"Als Salome fragte, wann man das werde erkennen können, wonach sie gefragt hatte, antwortete der Herr: ’Wenn ihr das Gewand der Scham mit Füßen tretet, und wenn die zwei eins werden und das Männliche mit dem Weiblichen verbunden weder männlich noch weiblich sein wird.“ Clemens von Alexandrien: Stromata II,91,2 (=dt. Teppiche wissenschaftlicher Darlegungen entsprechend der wahren Philosophie, übersetzt von O.Stählin, München 1936, S.313)
Während die Diskussionen der Gegenwart vor allem daran arbeiten, das menschliche Feld in Richtung auf jene transhumanen Dimensionen hin zu erweitern, die im Tierischen, Organischen, Technischen und Mikroorganischen gegeben sind, versucht der Vortrag sich an einer Erweiterung in horizontaler Richtung: es wird gefragt, welche die Bedingungen für „Transhumanität“ unter dem Vorzeichen von Transsexualität sein könnten bzw. danach, ob denn nicht Transsexualität eine Chiffre für alle weiteren Modi von Transhumanität sein könnte. Im Zentrum der Auseinandersetzung wird der Sakrale Androgyn und dessen metaphysische und alchemistische Geschichte stehen. Die Figur des Androgyn wird uns dabei anleiten, den Typus des zeitgenössischen Transsexuellen in ein umfassendes Tableau einzubetten, was uns ermöglichen wird, die eso-und exoterischen Dimensionen dieser Position deutlicher zu erfassen. Die die Rekonstruktion und die Prognostik zum Thema Androgynie begleitenden Überlegungen münden notwendig in der Idee der Hybris und des Hybriden sein. Ist der Androgyn die göttliche Hybride? Ist er der göttliche Kugelmensch? Die vollendete coincidentia oppositorum? Die Lösung und Vollendung des Geschlechterkampfs?
Elisabeth von Samsonow, Philosophin und Künstlerin, Ordinaria für Philosophische und historische Anthropologie der Kunst an der Akademie der bildenden Künste, Wien, Mitglied der GEDOK München, internationale Ausstellungs- und kuratorische Tätigkeit, Wissenschaftliches Beiratsmitglied von ITRAFO (Institut für Interkulturelle Forschung, Ulm), Auslandskorrespondentin von MULTITUDE, Redaktionsmitglied von RECHERCHE Zeitung für Wissenschaft, lehrt und forscht zu den Schwerpunkten Philosophie und Geschichte der Religionen in Beziehung zu einer Theorie des kollektiven Gedächtnisses, zum Verhältnis zwischen Kunst und Religion in Geschichte und Gegenwart, zur Theorie und Geschichte des Frauenbildes bzw. der weiblichen Identifikation, der sakralen Androgynie und des modernen „Ich-Zerfalls“. Ihre künstlerische Arbeit beschäftigt sich mit dem systematischen und symbolischen Ort der Plastik/ Skulptur im Kanon der Künste. „Die Plastik kann darum ihren wahren Gipfel nur in solchen Naturen erreichen, deren Begriff es mit sich bringt, alles, was sie der Idee oder der Seele nach sind, jederzeit auch in der Wirklichkeit zu sein, also in göttlichen Naturen. Sie würde daher, wenn auch keine Mythologie vorangegangen, durch sich selbst auf Götter gekommen sein.“ F.W.J.Schelling, Akademierede.
Jüngere Publikationen:
Anti Elektra. Totemismus und Schizogamie, Berlin 2007
Unzipping Philosophy (Hg.), Wissen/Kunst Wien 2009
Egon Schiele: Ich bin die Vielen, Wien 2010
Projekte: The Secrets of Mary Magdalene, Jerusalem 2008
Performance/procession zu Ehren von Elektra, Innerschildgraben/NÖ. 2009
Mehr zur Person
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