Ina Schabert & Frank Günther: Shakespeare und kein Ende

Vorträge & Gespräch
Freitag, 03. Mai 2013, 19:30 Uhr
Theater am Saumarkt

Einige Jahrzehnte lang, seit den 1970er Jahren, wurde die Shakespeareforschung bestimmt von den Cultural Studies und von theorieinduzierten und ideologiekritischen Arbeiten. Dies war eine notwendige und sinnvolle Reaktion auf eine persönlichkeitszentrierte und essentialistische Literaturwissenschaft, die nun als ‚liberal humanism’ abgelehnt, wenn nicht gar verteufelt wurde. Die neuen Studien wandten sich gegen die Gewohnheit, Shakespeares Werke als Ausdruck einer schöpferischen Individualität zu sehen: die Werke waren vielmehr Symptome des Denkens im England der Frühen Neuzeit.

In den letzten Jahren lässt sich jedoch eine Abkehr von diesen Betrachtungsweisen beobachten. Die Aufmerksamkeit der Forschung richtet sich wieder auf den Autor selbst. Shakespeares Dramen und Sonette werden als konstitutiv für seine ‚Subjektivität’, seine ‚Selbstmodellierung’ gelesen. Ausgehend von rezeptionsempirischen Befunden beginnt man sich nicht nur zu interessieren für das Werk als Zeugnis von Shakespeares ungewöhnlicher Menschenkenntnis, sondern erforscht vor allem die Gründe für das zuvor tabuisierte, aber andauernde Verständnis seiner Charaktere als quasi reale Personen. Aktuelle editionswissenschaftliche Erkenntnisse ermöglichen es zudem, frisch an den Wortlaut der Texte heranzugehen, und ihnen neue Einsichten zu Shakespeares individuell besonderer Wort- und Theaterkunst zu entlocken.

Ina Schabert: Auf der Suche nach der verlorenen Humanität. Shakespeare-Forschung heute
anschliessend
Frank Günther: Von abenteuerlichen Reisen in Shakespeares Sprachwunderwelten

Ina Schabert ist emeritierte Professorin an der Universität München. Sie ist Herausgeberin des Shakespeare Handbuchs (1. Aufl. 1972, 5. revidierte Fassung 2009), Autorin einer Englischen Literaturgeschichte aus der Sicht der Geschlechterforschung (Bd. 1: 1997, Bd. 2: 2006) und Initiatorin des Buchs Wolfgang Clemen im Kontext seiner Zeit: Ein Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg (2009). Im Herbst 2013 erscheint von ihr im Alfred Kröner Verlag das Buch: SHAKESPEAREs: Die unendliche Vielfalt der Bilder.

Frank Günther übersetzt bereits seit den 1970er Jahren das Gesamtwerk von William Shakespeare. 1995 erschienen die ersten Übersetzungen bei dtv, seit 2000 erscheint eine bibliophile Ausgabe im Verlag ars vivendi.  Bisher sind 33 Bände seiner Neuübersetzung  erschienen, 2015 soll der letzte von 39 Bänden erscheinen. Damit wäre Günther der erste, der alle Werke Shakespeares allein ins Deutsche übersetzt hat. Günther lebt im oberschwäbischen Rot an der Rot.

 



Walter Müller, Frank Günther, Ina Schabert, Regina Zink und Peter Bilger, 3. Mai 2013, Theater am Saumarkt